Die Frage nach der Rolle der Waldorfschulen während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft steht im Mittelpunkt der vorliegenden Monografie. Auf dem aktuellen Stand der historischen Forschung geht sie auf die Bedingungen ein, unter denen die Waldorfschulen damals arbeiteten, beschreibt die inneren Konflikte der Schulen zwischen Anpassung und Konfrontation und zeigt, wie es zu den Schließungen und Selbstschließungen der Schulen kam. Uwe Werner machte sich durch sein 1999 erschienenes Standardwerk „Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus“ einen Namen. Der Bund der Freien Waldorfschulen, der diese Monografie anlässlich des hundertsten Jubiläums der Waldorfpädagogik 2019 in Auftrag gegeben hat, tat dies unter der Voraussetzung, keinerlei Einfluss auf den Inhalt des Buches zu nehmen.
Werner beschreibt mit großem Detailwissen, unter welchen Bedingungen die Waldorfschulen nach 1933 arbeiten mussten. Dabei geht er auch auf die unvereinbaren Gegensätze von Anthroposophie und nationalsozialistischer Ideologie ein und weist nach, dass die überwältigende Mehrheit Waldorflehrer*innen und -Eltern der Nazi-Ideologie ablehnend gegenüberstanden – obwohl es unter Anthroposophen zu Beginn der Nazi-Herrschaft durchaus auch Sympathisanten mit dem Regime gab. Im Schlussteil der Monografie kommentiert Werner sachkundig die einschlägige Forschung seit den 1980er Jahren.